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Freitag, 13. Februar
CS rocks!

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Am Freitag, dem 13., standen wir sehr zeitig auf, denn für diesen Tag haben wir richtig viel geplant. Wir gehörten um 7 Uhr verständlicherweise zu den ersten Gästen am Frühstücksbuffet. Als wir danach aus dem Hotel herauskamen, um in Richtung Antalya-Innenstadt aufzubrechen, sahen wir unseren 105er Dolmus schon fast an uns vorbeifahren, also blieb uns die Wahl loszurennen oder eine unbekannte Zeitspanne zu warten. Rennen war eindeutig die bessere Wahl und so flitzten wir zusammen mit einem anderen Pärchen zum gerade anhaltenden Bus. Da dieses noch Probleme mit der Zahlung der Fahrscheine hatte, konnten wir auf Englisch sowohl den Betrag nennen, als auch eine kurze Einweisung in die Nutzung eines Dolmus geben. Es waren 2 Israelis und wir haben uns während der Fahrt ein wenig mit ihnen über das Leben in Israel und ihren Urlaub in Antalya unterhalten. Durch die interessante Unterhaltung achteten wir beide aber leider gar nicht auf den Weg (wir hätten diesen auf der Karte mitverfolgen müssen) und somit hatten wir zwar ein Ziel, aber keinen Schimmer wie weit wir davon noch entfernt waren. Als der Bus eine unerwartete Kehrtwende vollzog, wagten wir einen überstürzten Ausstieg.
 
Wir versuchten uns bei einer Passantin nach dem richtigen Weg zu erkundigen. Das Mädel beherrschte zwar keine unserer Fremdsprachen, mit Englisch, Russisch, Deutsch und Ukrainisch ist das nicht mal ein kleines Repertoire, sie war aber wirklich ausgesprochen nett und mit der Hilfe der Stadtkarte und ihren Hinweisen konnten wir uns wieder orientieren - die Entfernung zum ersten Ziel des Tages hielt sich tatsächlich in erlaufbaren Grenzen.
 
Auf dem Weg zum Treffpunkt mit der zweiten CouchSurferin genossen wir noch einige Dinge, die für uns Deut-

sche irgendwie eigenartig waren. Dazu gehörte unter anderem ein öffentlicher "Trimm-Dich-Park" mit Fitnessgeräten (eine Frau mit Kopftuch stram-pelte sich gerade auf einem dieser ab) und ein Arbeiter, welcher äußerst flink einen Strom- und Laternenmast erklomm, um dann ganz oben ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen in den Kabeln herumzuwurschteln. Arbeitsschutz scheint hier ein Fremdwort ...
 

Kurz nach 9 Uhr waren wir wie abgesprochen am Komplex "2000 Plaza" angekommen, wo Tijen bereits auf uns wartete. Sie hatte sich interessiert zurückgemeldet, nachdem Olga innerhalb der Vorbereitungen für unseren Aufenthalt einen Aufruf auf der CS-Webseite veröffentlich hat. Da sie Bücher über Essen schreibt (welch Glück
für uns!) und sich auch in Antalya gut auskennt, wollte sie uns auf eine kulinarische Reise durch die von König Attalos II gegründete Stadt mitnehmen. In einem kleinen Lokal in einem Hinterhof, erwartete uns ein typisch türkisches Frühstück. Wir konnten einen traumhaften "Serpme Börek" genießen - bürgerliche Küche abseits jeglicher Touristenpfade. Ein wirklicher Geheimtipp ! Das Lob gilt sowohl der herzhaften als auch der süßen Variante des Frühstück-Böreks.

 
Nach diesem, unserem zweiten Frühstück, gingen wir mit Tijen ganz gemüt-
lich durch die Innenstadt. Sie hat uns unterwegs noch ein kleines, unschein-
bares Kebap-Haus gezeigt und empfohlen, welches von der "Hürriyet", Tür-
keis wohl bekannteste Zeitung, zu den 10 besten Adressen für türkische Küche in Antalya gekürt wurde. Wir schauten uns darin nur kurz um, ein drittes Frühstück kriegten wir einfach noch nicht runter. Aber Olga konnte

schon für den geplanten Besuch zur Mittagszeit ihren Nachtisch erspähen: mit kleingehackten Nüssen und Zucker gefüllte Teigtaschen. Die Form erinnert sehr stark an übergroße Pelmeni, diese hier werden aber im Gegensatz zu der russischen Variante nicht in Salzwasser gekocht, sondern frittiert. Aber wie gesagt, noch
waren wir absolut satt und außerdem wollten wir jetzt mit Tijen zu einem typisch türkischen Bauernmarkt gehen.


 

 

Der Bauernmarkt war eine absolut überwältigende Erfahrung! Die Gerüche, die Farben, die unbeschreiblich große Auswahl an Obst, Gemüse, Nüssen, Oliven! Und für uns zu absolu-
ten Schnäppchenpreisen! Für die türkische Bevölkerung mögen die Preise allerdings schon anders aussehen, denn der Mindestlohn liegt bei etwa 300 EUR. Dieser Betrag sichert da-
bei keineswegs das Existenzminimum, denn schon allein die Mieten sind recht hoch in Antalya und können locker bei 400 EUR und aufwärts liegen (wobei wir natürlich jetzt kei-
ne vergleichbaren Wohnflächenangaben machen können). Olga genoss den Rundgang über den Markt inmitten der Häuserschluchten in vollen Zügen, fotografierte zuerst zögernd und versteckt und dann immer offener die Auslage von Äpfeln, Mandarinen, Zitronen, Granat-
äpfeln, Auberginen. Sie traute sich allerdings nicht, etwas zu probieren, aus Angst dann
wie in den touristischen Vierteln zum Kauf gezwungen zu werden. Es hat eine Weile ge-
dauert bis Tijen sie vom Gegenteil überzeugt hat und tatsächlich, es funktionierte! Man konnte auch ohne Kaufabsicht alles in Ruhe probieren - was sollten wir denn mit Obst oder Gewürzen in einem All-Inclusive-Hotel !?
 
Nach dem Rundgang kehrten wir zu der historischen Innenstadt von Antalya zurück. Tijen musste leider schon bald gehen, doch wir setzten uns zum Abschied noch kurz zu einem Kaffee zusammen. Währenddessen verdunkelte sich der Himmel immer mehr und die ers-

ten Regentropfen standen schon in den Startlöchern. Wir zogen trotz des plötzlichen Wetterumschwungs los
und stöberten durch die Touristenhochburg. Die schönen, schmalen Gässchen sind logischerweise gesäumt mit unzähligen Läden, die Taschen, Schmuck und was man auch immer einem begeisterten Touristen aufschwatzen kann im Angebot hatten.

Wir liefen am Uhrturm, einem weiteren Wahrzeichen von Antalya, vorbei und gingen die Gassen bergab zum Hafen. Inzwischen hatten die Wolken definitiv zu viel Was-
ser eingesammelt und verteilten es nun sintflutartig über die Erde. Völlig durchnässt flüchteten wir in ein Fischrestaurant am Hafenbecken, obwohl wir eigentlich noch keinen Hunger hatten. Aber bei so starkem Regen war ein Dach über dem Kopf
doch sehr willkommen und ein Ende des Regens schien in den nächsten Minuten auch nicht in Sicht. Kaum saßen wir am Tisch, schon schlawenzelten zwei Katzen um uns herum und genossen unsere Streicheleinheiten.
 
Nach etwa einer Stunde im Restaurant trauten wir uns wieder auf die Straße hi-
naus, obwohl das Wetter sich leider nicht gebessert hat und es nach wie vor in Strömen regnete. Zum Glück haben wir stets unsere 1-Euro-Regencapes im Ruck-
sack. So sahen wir zwar bestimmt zum Schreien komisch darin aus, konnten uns aber halbwegs gegen die herunterstürzenden Wassermassen schützen. Vielleicht auch deshalb versuchten die Straßenhändler uns nun statt Handtaschen lautstark


   

Regenschirme anzudrehen.
 
Wir gingen zu einer Moschee neben dem Uhr-
turm, denn wir wollten gerne mal eine von innen sehen. Da man solche moslemischen Gottes-
häuser allerdings nur barfuss betreten darf und unsere Schuhe samt Socken völlig durchnässt waren, nahmen wir davon dann doch Abstand.
Wir wollten mit den nassen Füßen nicht reinge-
hen, denn irgendwie hatten wir das Gefühl, dass
es sich einfach nicht gehört. So warfen wir nur

einen flüchtigen Blick durch die offene Tür und beschlossen Antalya heute weiterhin mehr von der kulinarischen als von der religiösen Seite zu erforschen.
 
Apropos Essen, da war ja noch das von Tijen empfohlene Restaurant ... und Mittagszeit ist es zudem auch
noch. Daher gingen wir zum "Topcu Kebap Salonu" um weitere Spezialitäten aus dieser Gegend zu probieren. Das Restaurant hat eine wirklich lange Tradition, denn es existiert bereits seit 1885 und die vielen Jahrzehnte
hat man sichtlich mit Erfolg damit verbracht, leckeres Essen zu kochen. Auch unsere Auswahl enttäuschte uns keineswegs. Olga bestellte "Antalya Usulü Piaz" (weiße Bohnen auf Antalya Art) und fand es wirklich gut! Cars-
sten als Fleischliebhaber entschied sich für den "Döner Kebap" und konnte sich auch für die original türkische Variante erwärmen, obwohl er eigentlich ein absoluter Fan unseres Stammdönermannes in Dresden ist. Olgas Nachtisch war ja schon geklärt: "Arap Kadayifi Taflisi", welche sie schon bei der kurzen Stippvisite in Rohform
für sich entdeckt hat. Die Teigtasche war sehr süß und ausgesprochen lecker.

Übrigens, in diesem Restaurant begegneten wir einer in der türkischen Gastronomie sehr verbreiteten Sitte: Als der Kellner uns die Speisekarten brachte, stellte er auch eine kleine Plastikflasche mit Mineralwasser an den Tischrand. Wer diese nimmt und trinkt bezahlt sie auch. Es gib nur den einen Trost, dass diese "Masche" nicht nur bei Touristen, sondern auch bei Einheimischen praktiziert wird - wir schätzen bloß, dass die Ausländer öfter darauf reinfallen. Insbesondere wenn das Wasser nicht in einer Plastikflasche dazugestellt wird, sondern nur in einem Glas!
 
Gut gestärkt beschlossen wir uns trotz des Regens die Innenstadt von Antalya weiter anzusehen. Wir liefen vor-
bei an Geschäften, überstanden mit Erfolg eine 30 Meter Fressmeile, wo uns jeder verbal zu sich in das Lokal zerrte, und landeten am Ende in der Altstadt von Antalya, ein altes Viertel, welches unter dem Namen "Kaleici"

bekannt ist. An einem alten Herrschaftshaus (diese Art wird hier "Konaks" genannt) gingen wir kurz zum Hineinschielen in den In-
nenhof und fanden dabei heraus, dass das Gebäude eigentlich ein Museum ist. Sich für einen Betrag von 2 EUR im Trockenen auf-
halten und sich zudem mit türkischer Geschichte befassen zu kön-
nen, erschien uns äußerst verlockend. Wir lernten mehr über das Leben einer typischen Familie vor einigen Jahrzehnten in diesem Viertel und lasen sehr aufmerksam die englischen Erklärungen durch. Das Kaleici-Museum ist sogar als Insider-Tipp im aktuellen Marco-Polo-Reiseführer gekennzeichnet (wir haben es aber ganz allein entdeckt).

Als wir alles bestaunt und durchgelesen hatten, zogen wir erneut

durch die nassen Gassen. Unterwegs fanden wir zufällig eine weitere interessante Lokalität, die "Jungle Bar",
wo gegen 20 Uhr das eigens für uns einberufene Treffen der CouchSurfing-Gemeinschaft Antalyas geplant war. Aber noch hatten wir etwa 3 Stunden bis dahin zu überbrücken. Für 17:30 Uhr waren wir mit Armagan am Hadri-
ans Tor verabredet. Es ist ein Überbleibsel der ehemaligen Burg Antalyas und fast 2000 Jahre alt. Das Tor wurde für den gleichnamigen römischen Kaiser gebaut und gilt heute als Touristen-Highlight.
 


   

Viel gibt es da allerdings nicht zu sehen, deshalb entschieden wir uns noch auf die gegenüberliegende Straßenseite zu gehen und uns die dort stehende Moschee genauer anzusehen. Im Moscheehof wurden wir von einem Mann angesprochen, welcher uns unbedingt das Gebäude zeigen wollte. Wir berichteten ihm von unse-
rem Problem mit den nassen Füßen und er veränderte prompt sein Angebot. Er
fing an uns das Hamam von seinem Freund schmackhaft zu machen ("ganz in der Nähe"). Da wir daran aber überhaupt nicht interessiert waren haben wir seinen Vor-
schlag überaus höflich, aber bestimmt abgelehnt und er verschwand völlig unerwar-
tet aus dem Hof der Moschee - wir hatten uns doch auf mehr Widerstand einge-
stellt. Es sollte allerdings nicht unsere letzte Begegnung mit ihm gewesen sein.
Als wir später am Hadrians Tor auf Armagan warteten tauchte der gleiche Mann
aus dem Nichts auf, um sein Hamam-Angebot erneut zu unterbreiten. Wieder verneinten wir und er verschwand genau so schnell wie er gekommen war - komi-
scher Typ!

Armagan wurde leider auf Arbeit aufgehalten und konnte daher nicht so pünktlich sein, wie er es gern wollte. Aber wir freuen uns sehr auf das Treffen mit ihm, denn
wir haben bereits im Vorfeld jede Menge Emails ausgetauscht und er hat dabei immer einen sehr netten und humorvollen Eindruck hinterlassen. Dabei muss man ihm sogar sehr hoch anrechnen, dass er eigentlich ein Newbee, ein Frischling, ein Greenhorn in CS-Angelegenheiten war, denn er hatte sich erst ein paar Wochen zuvor angemeldet und wir waren seine ersten CouchSurfing-Kontakte.

Da es uns in die Wärme und Trockenheit zog, machten wir ihm den Vorschlag
schon vor dem angesetzten Treffen in die "Jungle Bar" zu gehen. Unsere Füße
waren immer noch klitschnass, aber zum Glück nicht ausgekühlt. Nach den übli-
chen Kennenlernfragen und dem ersten Beschnuppern trudelten auch schon bald

die übrigen CSler der Antalya-Gruppe nach und nach ein. Die in der Bar zusammengekommene Gemeinschaft war zum größten Teil männlich, aber Olga hat nie das Gefühl gehabt, als Frau deplaziert zu sein. Es war insge-
samt eine nette und sehr unterhaltsame Runde - CouchSurfer eben!
 

Selbst um unser Nachhausekommen zur späten Stunde (nachts fährt kein Dolmus mehr so weit aus der Stadt heraus) hat sich Armagan im Vorfeld gekümmert und einen befreundeten Taxifahrer "organisiert". Gegen 23 Uhr verließen wir die freundliche Runde und wurden zu unserem Hotel gefahren, Armagan kam noch mit. Als wir ausstiegen und bezahlen wollten war es
fast ein Ding der Unmöglichkeit, ein paar Türkendollar an den freundlichen Taxifahrer loszuwerden. Mit viel Mühe und nach einem geschickten Ablen-
kungsversuch durch Olga konnte Carsten ihm doch noch 10 YTL in die
Hand drücken (umgerechnet ca. 5 EUR für fast 45 Minuten Fahrzeit!!!). Es war überhaut sehr schwierig die türkischen CouchSurfer, die wir im Laufe

unseres Urlaubes getroffen haben, zu überzeugen, das wir bezahlen können und wollen. Normalerweise zeigt der Besucher dem Gastgeber dadurch doch auch seine Dankbarkeit. In der Türkei ticken die Uhren der Gastfreund-
schaft eben ganz anders.

In unserem Zimmer schlüpften wir aus unseren nach unten hin völlig durchnässten Klamotten und gönnten den Füßen erst einmal ein heißes Bad. Um im Urlaub nicht noch krank zu werden mummelten wir uns kuschelig ein und ließen selbst beim Schlafen die wärmenden Socken an. Was sollen wir sagen, es hat am Ende sogar ge-
'holfen.

 

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