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Dienstag, 21. Juli
Das erste Couchsurfing-Treffen in Italien

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Wir werden immer wieder gefragt, warum wir uns eigentlich mit Leuten vor Ort treffen wollen und dafür mit Vorlie-
be die Möglichkeiten von CouchSurfing und Hospitality-Club nutzen. Eine sehr treffende Antwort darauf hat ein
Mann formuliert, welcher es auf seinen Reisen als Chefkoch sehr zu schätzen gelernt hat, ortskundige Einhei-
mische als Begleitung zu haben. Anthony Bourdain schrieb in seinem Buch "Ein Küchenchef reist um die Welt -
auf der Jagd nach dem vollkommenen Genuss" folgenden Satz:

"Im Ausland ist es immer ein entscheidender Vorteil, wenn man Gast von Einheimischen ist, vor allem dann,
wenn jemand so schlecht informiert und vorbereitet ist, wie ich es war. Nur so kommt man direkt an die Quellen
und kann den Ort aus einer Perspektive kennen lernen, wie man sie besser nicht kriegen könnte".

So ähnlich erleben wir es ebenfalls - besser kann man es nicht zusammenfassen.      

 

Nach der inzwischen traditionellen Laufrunde und einem gemütlichen Frühstück
sind wir nach Rovereto gefahren, um uns dort um 11 Uhr am Hauptbahnhof mit
der CouchSurferin Cristina zu treffen. Rovereto kennen die meisten Touristen, die
zum Gardasee wollen, eigentlich nur als Schild auf der Autobahn. Es ist nämlich
die empfohlene Abfahrt, wenn man an den nördlichen Teil, z.B. nach Riva oder
Torbole, kommen möchte. Wir hofften, dass das Städtchen mehr bereithält als
man es bis jetzt vermuten konnte.
 

Wir kamen gleichzeitig mit Cristina am vereinbarten Treffpunkt an. Sie sprach ein ausgezeichnetes Englisch und
somit stand unserer Unterhaltung an diesem Tag überhaupt nichts im Wege. Wir klagten ihr u.a. das Leid unse-
rer kaufsüchtigen Mädels und sie verkündete uns freudestrahlend, dass dienstags in der gesamten Altstadt im-
mer ein Markt stattfindet. Es lief bestens! Drei glückliche Teenager schlenderten an den Klamottenständen ent-


 


 


 

lang und schauten sich hier und da Sachen an, während sich die ältere Generation mehr der Stadt-
besichtigung und ausgedehnten Kommunikation
widmete. Das Bummeln auf dem Markt machte
wirklich Spaß, denn es gab eigentlich kein Drän-
geln seitens der Verkäufer. Die Händler ließen je-
den potentiellen Käufer ungestört stöbern, anpro-
bieren und nahmen ohne lange Diskussionen freundlich die Sachen zurück, wenn sie nicht ge-
passt haben oder nicht ganz den Vorstellungen
entsprachen. Uns gefiel es richtig gut, dass die
Stände nicht nur auf einem Platz aufgebaut waren,
sondern bis in die verschiedenen Straßen rein-
reichten. So konnte man zudem überall schmucke
Häuserfassaden anschauen, zwar nicht alle sehr
gut erhalten, aber irgendwie für sich gesehen stets
etwas Besonderes. Auf der Piazza San Marco be-
gegneten wir dem nächsten geflügelten Löwen auf
dieser Reise und wenn man weiß, dass Venedig
hier nahezu 100 Jahre herrschte, passt das majes-tätische Tier in die Geschichte Roveretos.

In einer Einkaufsstraße leuchteten die Augen unserer Mädels plötz-
lich auf, denn in einem Schaufenster eines Ladens für Taschen stand
ein Wort, welches sie inzwischen sehr gut deuten konnten: "Saldi",
zu Deutsch "Schlussverkauf". Für sie hat sich am Ende der Abste-
cher dort hinein gelohnt, denn Stephanie und Elli kauften sich je eine
gepunktete Umhängetasche und Andrea hat sich für ein pinkfarbenes
Portemonnaie entschieden. Wir glauben, dass sie Rovereto nun sehr
positiv in Erinnerung behalten werden.

Auf einem Berg entdecken wir eine interessant aussehende Festung und Cristina
erzählte uns, dass man dort ein Kriegsmuseum untergebracht hat - das wollten wir
uns ansehen. Wir kamen erst in den Innenhof, wo einige Gerätschaften aus dem
1. Weltkrieg ausgestellt waren und erholten uns im Schatten nach dem bei der Hit-
ze doch etwas anstrengenden Aufstieg. Rovereto sieht von der dortigen Aussichts-
plattform
toll aus, denn die grün-blauen Berge in der Ferne waren ein schöner Kon-
trast zum zarten pastellfarbenen Panorama der Stadt. Nach diesem Genuss eines
nahezu 100%igen Rundblicks kehrten wir zurück in die Innenstadt.

Cristina wollte uns unbedingt noch das hiesige Museum der Modernen
Kunst
zeigen, welches kurz MART genannt wird ("Museo d'Arte Moder-
na e Contemporanea di Rovereto e Trento"). Es ist in der Tat ein sehr
beeindruckendes Gebäude! Aus Zeitgründen besuchten wir keine Aus-
stellung, genossen aber das Glasdach und einen Brunnen mit der Him-
melskarte auf dem Boden im Vorhof des Eingangs. Nach diesem "Mu-
seumskurzbesuch" liefen wir allmählich wieder in Richtung Bahnhof,
wo wir unseren Wagen kostenlos (!) für den ganzen Tag abstellen kon-
nten. Der Weg dorthin führte durch einen kleinen Park mit schmuckem
Spielplatz und was sollen wir sagen ... unsere zwei Personalausweis-
trägerinnen (da mittlerweile 16 Jahre alt) und eine 13-jährige machten
alle Schaukeln, Wipp- & Wackeltiere, Rutschen & Co. unsicher. Nur
den Sandkasten ließen sie glücklicherweise aus. Die Peinlichkeit wäre
für unsere drei Teenager bestimmt noch größer geworden, wenn zu
dem Zeitpunkt auch noch Kleinkinder im Park unterwegs gewesen wären, stimmt's?


 


 

Auf dem Bahnhofsparkplatz fiel Cristina noch ein sehr interessantes Ziel in Rovereto
ein, welches allerdings etwas außerhalb liegt. Das was sie uns zeigte, war in der
Tat die Anfahrt wert. Auf einer Höhe von 120 m ist im Felsen eine kleine schmucke
Kirche gebaut - halb in den Berg hinein, halb an ihn dran. Diese "Einsiedelei San Colombano" ist nur über 102 Stufen zu erreichen und leider nur am Wochenende geöffnet. Deshalb bestaunten wir dieses, bereits im 14. Jahrhundert erbaute, Gottes-
haus nur aus der Ferne. Wir machten zum Abschied noch unser obligatorisches
Gruppenfoto und unser Weg zurück nach Tenno führte uns an eine Stelle, welche
zu einem kleinen Zwischenstopp einlud und einen fantastischen Blick über Torbole
bot. Die Kinder hatten wenig Interesse daran und blieben im Auto, während wir nicht
nur die Aussicht genossen, sondern auch mit einem Pärchen aus Thüringen ins Ge-
spräch kamen, welches mit einem Fläschchen Rotwein den Sonnenuntergang erle-
ben wollte.

In unserem Haus in Tenno schnappten sich die Kinder ihre Badesachen und verschwanden zum Tennosee. Zum
Abendessen gab es auf den ausdrücklichen Wunsch von drei jungen Mädels Spaghetti mit Tomatensauce, bei-
des von ihnen im COOP ausgesucht und mit Zähnen und Klauen vor uns verteidigt. Carsten und Olga waren näm-

lich eigentlich der Meinung, dass man
hierzulande nicht unbedingt auf eine
Fertigsauce zugreifen muss, haben aber
um des Friedens Willen nachgegeben.
Zum Abschluss des Tages schauten
wir noch gemeinsam die Fotos an und
danach trennten sich unsere Wege.

Carsten und Olga zog es zu Kissen und
Decken, kurz Bett, während die Teen-
agereulen noch eine Weile auf dem Bal-

kon saßen, über Gott und die Welt quatschten und giggelten. Vielleicht hätten wir ihnen vorher sagen sollen,
dass unser Fenster genau nebenan ist und offen stand ...


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