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Sonntag, 12. Februar - endlich war es soweit, der langersehnte Urlaub war da !

     

Die Kinder wurden bereits am Freitag, nachdem wir sie für die guten Halbjahreszeugnisse gelobt haben, vom Papa für den Skiurlaub in Südtirol abgeholt. Bevor wir vollbepackt um 6 Uhr morgens ins Taxi einstiegen, wurde noch schnell ein letztes Lebenszeichen via Internet auf unserer OLCA-Mailingliste abgesetzt und als die Sonne aufging, hatten wir unsere sichere Höhle im Hügel und unseren direkten DSL-Zugang hinter uns gelassen, um den Wundern und Schrecken der unverkabelten Welt gegenüberzutreten - wir standen auf dem Dresdner Flughafen. Trotz schlimmster Befürchtungen aufgrund der anhaltenden Schneefälle der letzten Tage saßen wir pünktlichst nach der Gepäckabgabe, dem Genüge tun des neuen amerikanischen Sicherheitsdenkens und dem Befüllen des eigenen Magens um 8:15 Uhr in der Maschine nach Frankfurt.

Hier fielen dann sämtliche Hemmungen ... äh ... Bedenken und Unsicherheiten, denn zum Einen war kein Krümelchen Schnee auf hessischem Boden zu sehen und zum Anderen ließen uns drei Stunden Warten genügend Zeit für das Stürmen des flughafeneigenen McDonalds, das Abklären von Eckpunkten für Alex beim Rückflug (Aufklärung folgt am Ende des Berichtes) und das Einchecken inklusive aller Sicherheitskontrollen. Selbst die Zollbeamten am EU-Schalter waren gut gelaunt und schäkerten mit Olga über diverse Eintragungen in ihrem Reisepaß ("geborene Aljabjeva" und "Geburtsort Pokotilovka") bevor sie uns mit einem "SPASIBO, DOSWIDANJA" durchließen.

      

Fjordpanorama Grönlands

Nun sollte die Economy Class eines Condor-Fliegers für die nächsten 11 Stunden unser Domizil sein und trotz beengter Platzverhältnisse stellte sich allmählich das Urlaubsgefühl ein. Einzig Olgas UdSSR-Konditionierung bezüglich Grenze, Paß & Zoll ließen noch graue Wölkchen über dem Projekt "Viva Las Vegas" schweben, die bei ihr immer erst mit dem Verlassen des Ankunftsflughafens verschwinden. Das Übliche eines solchen Fluges (Essen, Lesen, Dösen, Fernsehen) wurde nur durch Ansagen des Piloten bei besonders guten Sichtverhältnissen auf das Eis- und Fjordpanorama Grönlands, auf den z.T. vereisten Missouri, atemberaubende Canyon-Landschaften und der ehemaligen Winterolympiastadt Salt Lake City, sowie des 10-minütigen Films über das korrekte Ausfüllen des grünen Visaformulars und der weißen Zollerklärung unterbrochen.

      

Letzteres möchten wir gerne dem ungeübten, deutschen US-Touristen näher bringen, denn was vor ein paar Jahren noch belächelt werden konnte, ist mittlerweile zu einer ernsthaften Comedy-Konkurrenz für Situationskomik geworden - wenn Michael Mittermeyer erneut einen New York-Aufenthalt wie in seinem Programm "Zapped" verarbeiten würde, wäre dies sicherlich mit 15 Minuten eingebaut. Für Carsten war das Ausfüllen dieser zwei Formulare aufgrund seiner bereits drei USA-Besuche nichts Neues, aber als im Filmchen die Bemerkung "Die Zahlen  müssen nach amerikanischen Standard () ausgefüllt werden, sonst haben diese Dokumente keine Gültigkeit und werden vom Imigration Office nicht angenommen !" fiel, forderte er vom Flugpersonal neues Papiergut an ... die waren das aber schon gewohnt und liefen ständig mit frischen Stapeln der beiden Schriftstücke durch die Gänge. Die Krönung waren dann solche Fragen wie "Steht hinter Ihrer Einreise die Absicht, sich an einer strafbaren oder unmoralischen Handlung zu beteiligen ?" (wie einfach wäre doch die Polizeiarbeit, wenn böse Buben hier immer die Wahrheit sagen würden und wöchentlich die Weltbevölkerung solche oder ähnliche Formulare auszufüllen hätten) und "Haben Sie ein Kind der Obhut eines amerikanischen Staatsbürgers entzogen, dem das Sorgerecht für dieses Kind zugesprochen wurde ?" (nein, den Kinderriegel haben wir bei uns, weil er uns schmeckt ! ... kleiner Werbeinsider). Beim dritten grünen und zweiten weißen Formular hatte auch Carsten die Postleitzahl- (01157 - gleich drei der "gefährlichen" Zahlen) und Geburtstagshürde (18/09/1974) genommen und nicht der kleinste Buchstabe wurde durchgestrichen oder übermalt.

      

Durch unseren Fensterplatz hatten wir vor der Landung noch die Möglichkeit auf den Lake Mead und den Hoover Dam herunterzuschauen, wo ein schmaler - in Wirklichkeit allerdings ca. 20 m hoher - weißer Streifen die gesamten Uferfelsen umrahmte (ein Grund mehr dieses Bauwerk und den größten künstlichen See der Vereinigten Staaten zu besuchen, denn dieses Rätsel wollte gelöst werden). Außerdem hatten wir bei der Landung den ersten visuellen Ausblick über Las Vegas und den sagenumwobenen Strip - WOW !

Das übliche Warten bei den Mitarbeitern der Einwanderungsbehörde wurde durch zwei Fluggäste aufgeheitert bzw. gefühlsmäßig verkürzt. Eine

Lake Mead

Passagierin zog in der Warteschlange zum Erstaunen ihrer fünf Reisebegleiter einen Apfel aus der Tasche und fragte, ob jemand Hunger darauf hätte. MÖÖÖP - böser Fehler, hatte sie doch in der weißen Zollerklärung NEIN bei "Ich führe Obst ein" angekreuzt. Nun mußte sie unter Anfeuerungsrufe ihrer Freunde den Apfel in Windeseile verdrücken, um nicht später einem der grimmig dreinblickenden Officers Erklärungen bezüglich ihrer Falschaussage geben zu müssen. Comedy-Kandidatin Nummer 2, eine Schweizerin, versuchte ohne ein Wort Englisch zu sprechen an Paßkontrolle, Fingerabdruck- und Fotoerstellung vorbeizukommen. Jede Frage der Beamtin beantwortete sie mit Kopfnicken, auch wenn sie gefragt wurde, ob die auf dem grünen Formular angegebene Adresse von ihrem Hotel oder von Bekannten stammt. Letztendlich schafften wir Wartenden in der Reihe mit vereinten Kräften und dolmetscherischem Können für Passagierin und Zollbeamtin zu übersetzen und die völlig verzweifelte Eidgenossin in die Gepäckausgabe zu entlassen.

Wir erreichten mit unserem Englisch nicht nur eine flotte Abfertigung, sondern sogar ein kleines Schwätzchen mit dem nun sehr freundlichen, weiblichen Immigration Officer und konnten über die neue Verfahrensweise mit Abnahme der Fingerabdrücke und dem Schießen eines Fotos (nach 11 Stunden Flug, einigen Schlafphasen und zerzaustem Haar) nun doch lächeln. Wie schon vorab bemerkt, erst als wir mit den Koffern im Schlepp unter der heißen Sonne Nevadas standen und nach unserer Mietwagenfirma Ausschau hielten, war Olga 100%-ig in Urlaubsstimmung. Ungewöhnlich für uns nur, daß bei Sonnenschein und Palmen ringsherum das Anziehen eines Pullis doch sehr ratsam war, aber wir dürfen eines nicht vergessen: Mitte Februar ist ja immer noch Winter (selbst Weihnachtsdeko hatten wir in der kommenden Woche an manchen Häusern gesehen). Gut, es war mit ca. 20 Grad Celsius nicht sonderlich kalt, doch Wüste - und so sah das Ganze um uns herum ja aus - hatten wir uns doch immer etwas anders vorgestellt. Ein Transferbus hat uns zur Mietwagenfirma gefahren und schon nach einigen Minuten durfte Carsten sich in die Schlange der Mietwageninteressierten einreihen, während Madame Olga frauen-like sofort mit einer älteren Service-Mitarbeiterin ein Schwätzchen hielt. Auf

dem Parkplatz durften wir uns dann im Bereich "Midsize" einen Wagen aussuchen und die Wahl fiel auf einen dunkelblauen Chevrolet Malibu Maxx LT V6 - der geneigte deutsche Mietwagenkenner vermutet unter der zweitkleinsten Klasse "Midsize" aber bestimmt nicht ein Auto, welches mit einem Audi A6 vergleichbar und mit ca. 210 PS unter der Haube ausgestattet ist. Nur das Fehlen beider Nummernschilder verwunderte etwas und als wir verunsichert nachfragten bekamen wir die Antwort, daß dieser Wagen brandneu und in Nevada weder vorne (das kannten wir ja schon aus New York) noch hinten ein Nummernschild Pflicht sei. Einzig ein von innen an die Windschutzscheibe geklebter kleiner Fetzen Papier wies dieses Vehikel als angemeldet und nicht geklaut aus ... wieder mal was dazugelernt.
  
Auf der Fahrt zum Hotel hatten wir dann im Hellen (es war ca. 16 Uhr Ortszeit, bei 9 Stunden Zeitverschiebung) unsere ersten AHs und OHs obgleich der riesigen Hotelanlagen auf dem Las Vegas Boulevard South ("The Strip", der Hauptstraße

Harley Davidson Cafe

Stratosphere Tower

durch diese Wüstenstadt) und der Dinge, die man sonst nur aus dem Fernsehen (z.B: "Ocean's Eleven", "Con Air") oder aus Büchern kannte: das Eingangs-Willkommensschild von Las Vegas, sowie die großen Themenhotels Bellagio, Paris Las Vegas, New York-New York, Caesars Palace, Luxor, Mirage, MGM Grand, Venetian Resort, Treasure Island, Wynn, uvm.. Da es noch nicht allzu spät für's Einchecken war, machten wir auch einen kleinen Abstecher zu unserer Hochzeitskapelle bevor wir schließlich zum Mardi Gras-Hotel fuhren.
    
Unsere Hochzeitskapelle  Sonnenuntergang

Der nächste Dämpfer stand an, denn trotz ausdrücklicher Bemerkung bei der Bestellung durch das Reisebüro, hatte man uns ein Zimmer direkt an einer der Außentreppen gebucht, von dem aber diverse Las Vegas-Reisende im Internet abrieten. Da an diesem Wochenende kein anderes Zimmer frei war, mußten wir mindestens eine Nacht mit dem bereitgestellten Zimmer leben, hätten aber während der Woche jederzeit wechseln können - was wir aber dann doch nicht taten, da unser Schlaf so fest oder die Treppennutzer so freundlich waren und der Lauflärm sich widererwartend sehr in Grenzen hielt. Nach dem Abwerfen des Kofferballastes ging es erst einmal ab ins hoteleigene Restaurant, um den pappigen Resten des noch pappigeren Flugzeugessens Gesellschaft in Form von Rib Eye Steak (Carsten) und Riesengarnelenspieß (Olga) zu geben. Aber nicht ohne die amerikanischen Gepflogenheiten zu respektieren: an den Platz wird man gebracht, auch wenn es augenscheinlich viele freie Tische zum Sitzen gibt und kein Kellner in Sichtweite ist. So durften wir dann endlich nach 15 Minuten Warten, Bestellen und nochmals Warten völlig ausgehungert in unsere Essenswahl beißen und dabei auf 10 TV-Bildschirmen und einer Großbildleinwand den Geschehnissen eines - für Amerikaner und Wettenden wohl sehr spektakulären - Footballspiels folgen.

Es sollte die erste große Entscheidung des abklingenden Tages folgen: der Müdigkeit oder der Neugierde nachgeben ? Ein paar Minuten später waren wir per Monorail für 5$ und per Pedes bereits auf dem Strip unterwegs    ;o)

Bevor wir dann völlig erschöpft und mit plattgelatschten Füßen auf einem der beiden Kingsize-Betten unseres Zimmers einschliefen, dachte wohl jeder noch einmal über die gerade gewonnenen Eindrücke nach ... Fußgänger sind hier (außer auf dem Strip) völlig ungewohnt und stellen ein visuelles Hindernis für jeden Autofahrer dar ...

ausgerechnet unsere Monorail-Strecke vor dem Hotel ist die einzige kostenpfichtige der Stadt ... Las Vegas im Dunkeln ist ein Phänomen für sich - unglaublich ... die musikalischen Wasserspiele am See des Bellagio sind noch imposanter als man bei "Ocean's Eleven" in der Endsequenz gesehen hat (wir hatten bei diesem Mal sogar dieselbe Musik wie im Film) ... "Sex in this City" ist kein Thema, dafür stehen überall Typen mit Sex-Visitenkarten rum und versuchen ihre Damen telefontechnisch bzw. mit Bringdienst an jeden Vorbeilaufenden abzugeben ... und "last but not least" unser Hotel ist zwar nur drei Blocks vom Strip entfernt, aber nach 11 Stunden Flug, wenig Schlaf und vielleicht auch etwas Jetlag ist dieser 20 min-Fußmarsch doch recht beschwerlich.

Satellitenbild von Vegas
          

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