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Auf der Suche
von Olga Meier

Wer kennt das nicht: Das beklemmende Gefühl in dem unteren Bauchbereich verbunden mit dem hastigen Blick nach der nächsten Möglichkeit, die schwere Flüssiglast loszuwerden. Glücklicherweise gibt es inzwischen einige Möglichkeiten dies ganz legal zu tun: Große Kaufhäuser, Tankstellen, Fast-Food-Ketten und hin und wieder auch als öffentliche Version im Stadtbild. Jawohl, die Rede ist von der in meinen Augen fortschrittlichsten Erfindung der Menschheit: das WC.

Man kennt die Stellen in Deutschland mittlerweile schon ganz genau und ist natürlich überzeugt, dass die gleichen Suchtipps auch weltweit gelten - aber so ist es leider nicht. Jedenfalls nicht in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten ...

Beim Besuch der wohl berühmtesten Spielerstadt der Welt wurde ich nach ein paar Tagen diesbezüglich so richtig verwöhnt, denn in allen großen und kleinen Kasinos von Las Vegas findet man immer freizugängliche, saubere und ordentliche Toiletten - natürlich ohne Bezahlung. Das Hauptinteresse ist schließlich das Geld auf andere Art und Weise aus den Taschen der Besucher zu ziehen.

Von der Glitzerstadt mitten in der Wüste Nevadas ist es nur ein kleiner Abstecher in das benachbarte Kalifornien, wo die Stadt der Stars und Sternchen lockt. Die Rede ist natürlich von Los Angeles ... Hollywood ... Beverly Hills ...

Da eine Frau bei dieser Tour mit von der Partie ist (= ich), bleibt das obige Thema auch hier aktuell. Die erste Erfahrung machte ich während der Anreise in einem kleinen Donut-Laden am Rande der Interstate 10: ich freute mich wie ein Schneekönig, das lang ersehnte Schild mit den zwei Buchstaben "W" & "C" zu sehen und stürme das Zimmerchen. Sitzend betrachtete ich die Umgebung und entschied mich dann spontan, der Auforderung am Waschbecken "Wasch dir die Hände, um die Verbreitung von Krankheiten zu vermeiden!" auf gar keinen Fall nachzugehen. Das ganze Ambiente des Stillen Örtchens vermittelte außerordentlich wenig Vertrauen und schien eher zu sagen "Wasch dir auf keinen Fall die Hände, damit keine Krankheitserreger an deine Finger kommen!"

Unabhängig von diesem Gedanken entschied sich die bessere Hälfte nebenan ebenfalls, die Hände so zu lassen wie sie sind, denn auch im "männlichen" Teil war alles recht keimig.

Ich verbuchte das als einmaligen Ausrutscher und in fluchenden Gedanken über die Betreiber dieses Lädchen (fest in lateinamerikanerischer Hand) ging es zurück auf die Straße und ab in die Stadt, die so viele Leute aus "Pretty Woman", "Beverly Hills Cop" & Co kennen.

Irgendwann inmitten der Stadt, eigentlich auf dem Weg zum Strand, stellte sich nochmals das gleiche Problem und Frau begann zu suchen. Da in den USA die öffentlichen Toiletten wohl eher selten sind, schaute ich mich nach den zahlreich vorhandenen Fast-Food-Läden um. Als erstes sichtete die geplagte Frau ein "Subway" - im Gedächtnis war dieses Ziel immer als sauber und ordentlich gespeichert, ganz gleich ob in New York City oder in Dresden oder in Berlin. Ich flitzte also rein und schaute mich um ... Theke, Sandwiches, Verkäufer, Kunden, Tür ... aber keine Toilette!? Komisch - doch nicht sonderlich schlimm, denn auf der andren Straßenseite habe ich ja schon das goldene "M" gesehen. Wir haben also ganz amerikanisch die Straße mit dem Wagen überquert und der zweite Versuch konnte beginnen. Wieder erfasst das Auge Theke, Burger, Verkäufer, Kunden, Tische, aber keine Kundentoilette! Zum Glück gab dann nur ein paar Häuser weiter (auch diese Entfernung wurde Amerika-like mit dem Auto zurückgelegt) die einheimische Fast-Food-Kette "Carls Jr. - The Green Burrito" das Problem der Frau wurde endlich gelöst.
Fazit: Ganz gleich was man erlebt hat und welche krassen Unterschiede sich zwischen Las Vegas und Los Angeles aufgetan haben, in den USA ist es überaus entspannend ohne klimperndes Kleingeld in der Tasche für diverse Schließmechanismen an der Toilettentür oder für die erwartungsvoll dreinschauende Klofrau das erledigen zu können, was eigentlich ganz natürlich ist. Warum findet man das nicht hier in Deutschland?

veröffentlicht in der WZO im Mai 2006